Aus Nächstenliebe, statt aus Pflicht | Abdulkarim Soroush

Aus der Einleitung des Buches:

Dank dem gütigen Gott, dass das dritte Buch in der Reihe „Geschichten der Weisen“ mit dem Titel „Aus Nächstenliebe, statt aus Pflicht“ veröffentlicht wurde. Diejenigen, die mit meinen Werken in Wort und Schrift vertraut sind, werden erkennen, dass das Konzept von Recht und Pflicht schon lange ein zentrales Anliegen für mich ist. Ich kann mit Zuversicht behaupten, dass meine Arbeit die erste war, die den Gegensatz zwischen diesen Kategorien im Hinblick auf Tradition versus Moderne und Despotismus versus Liberalismus beleuchtet hat. Ich habe auch betont, dass das, was gemeinhin als Liberalismus bezeichnet wird, am ehesten als die „an Rechtlichkeit orientierte Schule“ verstanden und interpretiert werden kann. Der Hauptunterschied zwischen traditionellen und modernen Menschen liegt in ihrem Selbstverständnis: Erstere sind pflichtgebunden, da sie sich Gesetzen unterwerfen und dem Gesetzgeber gerecht zu werden als ihre Pflicht ansehen, während Letztere sich als Subjekte verstehen, die Anspruch auf Rechte und ihre Geltendmachung haben. Dieser Perspektivenwechsel erklärt, warum moderne Menschen ihr Leben über ihren Glauben stellen und Religion als ihr Recht und nicht als ihre Pflicht betrachten. Ich bin weiterhin der Ansicht, dass sich Ethik und Staatlichkeit in der modernen Welt an Rechten orientieren, während sie in der traditionellen Welt auf Pflichten basieren.