Titel | Haqq al-Nas |
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Die Rechte der Menschheit | |
Menschenrechte und Reform-Islam | |
Verfasser | Mohsen Kadivar |
Auflage | 2. überarbeitete (eBook) |
Seiten | 532 |
Format | 21 x 14,8 cm (A5) |
Sprache | Persisch (Farsi) |
Erscheinungsjahr | 2023 |
ISBN | 978-3-948894-23-8 |
Verlag | New Thought PRESS |
ٰVorstellung:
Angesichts der Sitten und Gebräuche in der Zeit des frühen Islam waren alle Lehren des Islam – die Gesetze der Scharia eingeschlossen – vernünftig, gerecht, moralisch und funktionaler im Vergleich zu den Lehren anderer Weltanschauungen. Einige Gesetze der Scharia verloren aber im Laufe der Zeit einige, wenn nicht alle ihrer Daseinsberechtigungen. Derartige Gesetze waren einmal islamisch, sind es heute aber nicht mehr. Das bedeutet, dass sie aufgehoben wurden – entsprechend der Denkschule, dass praktische Vernunft eine der Erkenntnisquellen ist.
Alles, was wir heute „islamisch“ nennen, muss vernünftig, gerecht, moralisch und praktischer sein – In Entsprechung zu den Gebräuchen der heutigen Zeit. Alles, was unvernünftig, ungerecht, unmoralisch und weniger praktisch ist als andere Weltanschauungen angesichts der Konventionen der heutigen Zeit, ist nicht islamisch, selbst wenn es früher einmal islamisch gewesen sein mag. Das größte Problem des traditionellen Islam ist, dass er im 21. Jahrhundert existiert, aber den Geist früherer Jahrhunderte atmet. Zeitlose Lehren von zeitgebundenen und aufgehobenen Lehren zu unterscheiden ist eine herausfordernde und delikate Aufgabe, die auf den strukturellen Ijtihad angewiesen ist: den „Ijtihad über die Grundsätze“. Diese wichtige Aufgabe liegt in der gemeinsamen Verantwortung der mujtahids (mit den schon angeführten Eigenschaften), welche mit kritischem Blick nach den heutigen wissenschaftlichen Standards arbeiten.
Der traditionelle Islam ist in mindestens sechs Bereichen unvereinbar mit den Menschenrechten: religiöse Diskriminierung, geschlechtliche Diskriminierung, Sklaverei, Religionsfreiheit und Kriminalisierung von Apostasie und Blasphemie; willkürliche Bestrafungen, drakonische Bestrafungen und Folter; und schließlich die Bevorzugung von Rechtsgelehrten gegenüber Laien im öffentlichen Raum. Diese Unverträglichkeiten finden sich nicht nur in der Rechtsprechung, sondern auch in vielen Hadithen und einigen Versen des Koran. Konventioneller Ijtihad in Bezug auf rein rechtliche Fragen ist nicht in der Lage, derartig tiefgreifende Herausforderungen anzugehen.
Allerdings entspricht der „traditionelle Islam“ auch nicht dem „Islam“ – vielmehr ist es eine Lesart des Islam von Gelehrten der Vergangenheit. Entsprechend ist eine Lesart des Koran und der Überlieferung des Propheten sowie eine Methode des Ijtihad und der Rechtsauslegung möglich, die mit den Anforderungen der Menschenrechte im Einklang steht.
Diese Reform-Lesart bedeutet nicht, dass die Menschenrechte aus Quran und Überlieferung abgeleitet werden. Dies ist überhaupt nicht möglich, da der moderne Begriff der Menschenrechte in früheren Zeiten nicht existierte.
Diese Lesart ist das Kernthema des vorliegenden Buches „Die Rechte der Menschheit: Menschenrechte und Reform-Islam“. Nachdem diese Veröffentlichung im Heimatland ihres Autors seit 2009 streng verboten ist, wird hiermit nach 14 Jahren die zweite Auflage in Deutschland veröffentlicht. Abgesehen von einer allgemeinen Durchsicht wurden am Ende einiger Kapitel noch kurze Überlegungen ergänzt. Die kritische und äußerst detaillierte Einleitung zur neuen Auflage vergleicht Kadivars Ansatz mit den Ideen von fünf wichtigen Denkern im Bereich des Islam und der Menschenrechte: Mahmoud Mohamed Taha, Abdullahi Ahmed An-Na´im, Ann Elizabeth Mayer, Mohammed Mojtahed Shabestari und Abdulaziz Sachedina.
INHALTSVERZEICHNIS